Das verrückte Jahr 2023 ist zu Ende gegangen und wir von dem Recherche-Kollektiv „Tübingen&Reutlingen vs. Rechtsaußen“ wollen noch einmal einen Rückblick auf die rechten und reaktionären Aktivitäten im Kreis Tübingen werfen.
Der Hohenrain-/Grabert-Verlag in Tübingen
Eigentlich hatte der von Bernhard Grabert in dritter Generation geleitete extrem rechte „Hohenrain-Verlag“ mit Sitz in Tübingen seine verlegerischen Tätigkeiten 2021 eingestellt und seitdem nur noch als Versand für die Bücher und Magazine aus anderen extrem rechten Verlagen fungiert.
Doch 2023 erschien mit „Streifzüge. Beiträge zur Weltpolitik des 21. Jahrhunderts“ von Hans-Jürgen Klose exklusiv ein neues Buch im Hohenrain-Verlag.
Am 16. August 2023 verstarb der extrem rechte Aktivist Rolf Kosiek. Der 1934 geborene Kosiek war über Jahrzehnte in Rottenburg und Nürtingen ansässig und Mitarbeiter im extrem rechten Grabert-/Hohenrain-Verlag mit Sitz in Tübingen.
Der Kopp-Verlag in Rottenburg
Anders als der Hohenrain-Verlag ist der Kopp-Verlag mit Sitz in Rottenburg wesentlich größer und aktiver. Laut einem Linkedin-Eintrag von 2023 hat der Kopp-Verlag aktuell 200 Mitarbeiter*innen. Er ist auch nicht nur ein Verlag, sondern auch ein Buch-Versand und Versand-Unternehmen für diverse Produkte. In seinem Sortiment finden sich auch Produkte, die es exklusiv nur bei Kopp gibt.
Im Jahr 2023 gab es mehrere Neu-Erscheinungen im Kopp-Verlag mit explizit politisch rechten und zumeist verschwörungsideologischem Inhalt. Hier drei Beispiele:
- Peter Orzechowski: Demozid. Will eine selbsternannte Elite die Menschheit reduzieren?
- Abigail Shrier: Irreversibler Schaden. Wie der Transgenderwahn unsere Töchter verführt (deutsche Übersetzung des englischen Originals von 2020)
- Collin McMahon (AfD-Mitarbeiter): George Soros‘ Krieg
Auch über seine Verleger-Tätigkeit hinaus weist der Kopp-Verlag Berührungspunkte mit der extremen Rechten und Verschwörungsideolog/innen auf.
So gratulierte der Kopp-Verlag mit einer eigenen Anzeige in der ultrarechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (27/2023) dem – chancenlosen – unabhängigen US-Präsidentschaft-Kandidaten, radikalen Impf-Gegner und antisemitischen Verschwörungsideologen Robert Kennedy Junior.
Als Björn Höcke am 6. November 2023 bei PEGIDA in Dresden eine Rede hielt, bezog er sich darin explizit auf das Buch „Vorsicht Bürgerkrieg! Was lange gärt, wird endlich Wut“ von Udo Ulfkotte, welches 2009 im Kopp-Verlag erschienen ist.
Beim zweiten Corona-Symposium der AfD im Bundestag am 11. und 12. November 2023 waren auch zwei Autoren des Kopp-Verlag als Redner angekündigt.
Stefan Schubert, Stammautor und mutmaßlicher Mitarbeiter des Kopp-Verlag in Rottenburg, trat am 25. Mai 2023 als Sachverständiger der AfD-Landtagsfraktion Niedersachsen im Innenausschuss
zum Thema Geldautomaten-Sprengung auf. Er ethnisierte das Thema.
Der Kopp-Buchautor Gerhard Wisnewski raunt im extrem rechten Magazin COMPACT 12/2023 über das antisemitischen Terror-Pogrom der Hamas gegen Israel am 7. Oktober 2023 als Inszenierung.
Der Kopp-Verlag kooperiert mit extrem rechten Verlagen und Publikationen, z.B. mit der Zeitung „Epoch Times“.
Rechte und Reaktionär/innen an der Universität und Umfeld
Die katholische „Görres-Gesellschaft“ veranstaltet vom 22. bis 24. September 2023 ihre 125. Generalversammlung in Tübingen. Neben vielen unbedenklichen Referent/innen traten dabei laut Ankündigung auch ein paar Rechtsausleger auf: Der rechte Protestant Prof. Harald Seubert, Sandra Kostner, Vorsitzende des reaktionären „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“, Asfa-Wossen Asserate, ein häufiger Rechtsaußen-Referent und Prof. Peter Hoeres, der 2019 die AfD die „einzige Partei, die sich offensiv zum Konservatismus bekennt“ nannte.
Am 1. Februar 2023 fand in Tübingen eine Veranstaltung zum Thema „Warum Wissenschaftsfreiheit?“ mit Prof. Dr. Martin Groß, Mitglied im reaktionären „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“, statt. Veranstalter waren die „Studentische Initiative Hochschuldialog e.V.“ und die FDP-nahe „Liberale Hochschulgruppe Tübingen“.
Elena D., 2021 Kandidatin der „Liberalen Hochschulgruppe“ in Tübingen nahm an dem rechtslibertären „Deutschlands größtes Kapitalismus-Festival“ vom 1. bis 6. August 2023 im thüringischen Lohra teil.
Die „Liberale Hochschulgruppe“ in Tübingen hetzte auch im September 2023 gegen das Hausprojekt Münzgasse 13. Anlass ist dass die, sich derzeit im Mietstreik befindliche, Münze in einem Video der Universität Tübingen auftaucht.
Korporiertes Milieu
Laut einer schriftlichen Anfrage der Grünen im bayrischen Landtag gab es am 1. April 2023 in Tübingen ein korporiertes Duell („Pro-Patria-Suite“) zwischen der Burschenschaft Germania Tübingen und der Straßburger Burschenschaft Germania zu Tübingen.
Am 21. Mai 2023 fand in Tübingen das alljährliche korporierte Bürgerfrühschoppen statt, war aber mit 30 bis 40 Personen nur mäßig besucht.
Ein langer Text einer Freiburger Antifa-Gruppe im Mai 2023 über den so genannten „Coburger Convent“ verriet, dass ein Ex-NPD-Funktionär auch Mitglied der Studentenverbindung Landsmannschaft Ghibellinia Tübingen ist.
Das am 8. Juni 2023 durchgeführte Stocherkahnrennen in Tübingen ist eigentlich eine Veranstaltung von Studentenverbindungen für Studentenverbindungen und mit Studentenverbindungen im Publikum. Von 46 Teams waren 27 Studentenverbindungen.
Die Siegerehrung fand auf der Terrasse der Alten Straßburger Burschenschaft Germania zu Tübingen statt. Diese ist vermutlich, die am weitesten rechts stehende Studentenverbindung Tübingens – einer ihrer Alten Herren ist der Vorsitzende des AfD-Kreisverbandes Tübingen.
Als Zuschauer besuchten auch Mitglieder folgender rechter Studentenverbindungen das Stocherkahnrennen: Burschenschaft Gothia Salzburg, Burschenschaft Alemannia Stuttgart, Burschenschaft Saxo-Silesia Freiburg und Landsmannschaft der Salzburger.
Die Burschenschaft Germania Straßburg zu Tübingen begann ihr Semester mit einem Zitat des rechten Schriftstellers Ernst Jünger und besuchte am 17. Juni 2023 das Ernst-Jünger-Museum an dessen Lebens-Ort Wilfingen.
Am 15. Juli 2023 fand in bei der Burschenschaft Germania Straßburg außerdem eine Veranstaltung zum Thema „Was ist Deutsch?“ statt.
Am 28. Oktober 2023 fand in Tübingen bei der Burschenschaft Arminia Straßburg ein Vortrag zum Thema „Kommando von oben – der Umbau der Gesellschaft“ mit Hans-Georg Maaßen, dem Vorsitzenden der WerteUnion, statt.
AfD-Kreisverband Tübingen
Vom AfD-Kreisverband Tübingen sind so gut wie keine Aktivitäten wahrnehmbar. Eher zufällig wurde bekannt, dass am 10. Oktober 2023 der AfD-Landtagsabgeordnete Ruben Rupp bei der AfD in Tübingen auftrat.
Es ist davon auszugehen, dass der AfD-Kreisverband wie andere AfD-Kreisverbände einen monatlichen Stammtisch durchführt.
Ansonsten versuchte der AfD-Kreisverband in Tübingen im November 2023 die Diskussion um eine Geflüchteten-Unterkunft in Mössingen-Belsen zu instrumentalisieren.
Asatru-Versand
Laut dem Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ exisiert ein rechter Black-Metal-Mailorder namens „Asatru-Versand“ mit Sitz in Dettenhausen (Kreis Tübingen). Über den genauen Sitz oder den/die Betreiber/in ist nichts weiter bekannt.
Der Sitz des Versandes und der zugehörigen Label „Freivolk Records“ und „Nervengas Versand“ wird seit 2017 vom Inlandsgeheimdienst in der Region Tübingen verortet.
Neonazi-Kleinstpartei „Der III. Weg“
Die Neonazi-Kleinstpartei „Der III. Weg“ ist vor allem im Nachbarkreis Reutlingen aktiv, manchmal thematisiert sie aber auch Tübingen. So agitierte die Neonazi-Kleinstpartei im Juli 2023 online gegen einen Sex-Treff schwuler Männer bei Kirchentellinsfurt (Kreis Tübingen).
Am 26. August 2023 verteilten Aktivist/innen der Neonazi-Kleinstpartei „Der III. Weg“ in Rottenburg Flyer.
Reichsbürger/innen
Die Reichsbürger-Gruppe „Ewiger Bund“ traf sich am 18. Januar 2023 am Bismarck-Turm in Tübingen und posierte mit Fahnen und Pyro-Technik. Auf dem Foto sind sechs Personen zu sehen.
Am 20. Juni 2023 fanden auch in Tübingen Hausdurchsuchungen gegen Reichsbürger/innen statt.
Es ging um die Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß.
Völkischer Verein „Ting Germanen e.V.“ in Mössingen
In Mössingen ist seit 2019 ein völkischer Verein aktiv, der sich „Ting Germanen e.V.“ nennt und über eine Anschrift im Mössinger Stadtteil Belsen verfügt.
Zum Vorstand des Vereins gehören bzw. gehörten drei Männer, die alle in den 1960er Jahren geboren wurden. Einer von ihnen ist Rechtsanwalt in Bodelshausen und Mitglied der „Schützengilde Gomaringen e.V.“. Zu diesem Hobby passt, dass der Verein laut Eigenangabe „von ehemaligen Angehörigen der Bundeswehr, NVA und der Französischen Fremdenlegion“ gegründet wurde.
Der Verein präsentiert sich auf einer eigenen Website. Offen bezeichnet man sich dort als ‚völkischer Verein‘:
„Im Sinne der oben beschriebenen Anlehnung und Bewahrung der Vorstellungen der Ahnen als idealtypisches Leitbild für uns Heutigen ist unser Verein ein völkischer Verein.“
Christliche Rechte
Am 16. April 2023 veranstaltete die evangelikale und queerfeindliche Freikirche TOS in Tübingen einen Gottesdienst mit Harald Eckert von „Christen an der Seite Israels“, dessen Buch „Deutschland in der Zerreißprobe“ auch im TOS-Hausverlag erschienen ist.
In der Buchbeschreibung auf der TOS-Homepage heißt es: „Denn der bevorstehenden Wiederkunft Jesu geht eine antichristliche Weltherrschaft und ein Kampf zwischen Licht und Finsternis voraus und auch Deutschland befindet sich in dieser globalen Auseinandersetzung.“
Die TOS-Freikirche durfte auch am 28. Mai 2023 für ihren „Open Air Pfingstgottesdienst – Feuer und Flamme“ den Marktplatz in Tübingen nutzen.
Die Verpflegung kam von der Metzgerei Kiesinger, die der TOS nahe steht.
Der TOS-Prediger auf der Bühne untermauerte seinen fundamentalistischen Standpunkt mit Aussagen wie „Danke Dir das überall auf dem Marktplatz jetzt hier Wunder geschehen im Namen Jesu!“ und „Danke Dir das Du ein Gott bist, der Krebsgeschwüre wegnehmen kann!“.
Passend dazu hatte die TOS auf dem Marktplatz ein Zelt als „Healing Room“ aufgebaut, wo man als sich angeblich Gesundheitsprobleme weg-beten lassen kann.
Das Versprechen auf Wunderheilungen spielt mit der Angst und Verzweiflung von Menschen.
Später trat auch noch die TOS-nahe Rap-Combo „Banim“ auf, die u.a. rappte „Ich glaube das die Bibel Gottes Wort ist“ oder „Ich bin ein neuer Mensch mit neuem Lebenslauf deswegen hebe ich mir Sex für die Ehe auf“.
Am 28. Juni 2023 fand im Kupferbau in Tübingen der Vortrag „Evolution (o)der Schöpfung“ mit dem Kreationisten Dr. Harald Binder statt, an der über 80 Personen teilnahmen. Veranstalter war die Hochschulgruppe der „Studentenmission in Deutschland“ (SMD).
Binder kommt von der fundamentalistischen Gruppe „Studiengemeinschaft Wort & Wissen“, die auch Verbindungen zur extremen Rechten aufweist.
Rechts-offene und rechts-radikalisierte Pandemie-Leugner/innen
Seit April 2020 waren in Baden-Württemberg Pandemie-Leugner/innen online und auf der Straße aktiv. Diese Bewegung nahm schnell verschwörungsideologische Züge an und war für extreme Rechte offen. So entstand eine Mischszene, die sich nach rechts nicht abgrenzt.
Aus diesem Spektrum wurden mehrere Veranstaltungen organisiert:
- Am 30. März 2023 wurde in den Lichtspielen in Mössingen der Pseudo-Dokufilm „Unter die Haut. Was macht Aluminium in Impfungen?“ mit einer Diskussion mit Regisseur Bert Ehgartner präsentiert.
- Am 20. Juli 2023 fand im Lokal „Albblick“ in Tübingen-Pfrondorf der Vortrag „Grundlagen einer herrschafts- und parteifreien Gesellschaft“ mit dem Referenten Eduard Messmer, einem 5G-Gegner und Pandemie-Leugner, statt.
- Am 25. September 2023 fand im Ratskeller in Tübingen der Vortrag „Bargeldverbot? Nur eine Einbildung oder baldige Realität?“ mit Hansjörg Stützle aus Uhldingen-Mühlhofen statt. Stützle tritt gelegentlich auch für „dieBasis“ als Referent auf.
Tübinger Querdenker/innen waren die Organisator/innen.
Mindestens 100 Menschen nahmen an der Veranstaltung teil.
Seit Februar 2023 veranstaltete die Initiative „Tübingen für ehrliche Medien“ dienstags halbstündige Anti-Mahnnwachen auf der Neckarbrücke in Tübingen vor dem Redaktionsgebäude des „Schwäbischen Tagblatt“.
Am zughörigen Stand liegt u.a. die Zeitung „Demokratischer Widerstand“ aus, die vom Kreis um den Pandemie-Leugner Anselm Lenz aus Berlin herausgegeben wird.
Anmelder der Veranstaltung war Conrad H. aus Tübingen.
Ein weiterer Akteur aus diesem Spektrum ist die Parteineugründung „Basisdemokratische Partei Deutschlands“.
„dieBasis“ – Kreisverband Tübingen
Die „Basisdemokratische Partei“, kurz „dieBasis“, gilt als parteipolitischer Arm der Pandemie-Leugner/innen. Der Kreisverband Tübingen von „die Basis“ wurde am 15. Mai 2021 gegründet.
Im Kreis Tübingen führte der Kreisverband mindestens zwei Veranstaltungen durch:
- Am 1. April 2023 fand im Restaurant „Albblick“ in Tübingen-Pfrondorf ein Vortrag der Partei „die Basis“ zum Ukraine-Konflikt mit Jürgen Rose (Oberstleutnant a.D.) statt.
- Die Kreisverbände Tübingen und Reutlingen der Querdenken-Partei „dieBasis“ haben im Kino „Lichtspiele“ in Mössingen am 29. Juni 2023 einen Filmabend zu Julian Assange durchgeführt.
Nationalismus mit Migrationshintergrund
Ein Moschee-Verein in Rottenburg wird von einem Verein der türkisch-ultranationalistischen „Grauen Wölfe“ betrieben. In dieser Moschee fand am 11. Dezember 2023 ein regionales Treffen eben dieser „Grauen Wölfe“ statt.
Außerdem veranstalte am 19. Mai 2023 die „Türk Federasyon“, der größte Dachverband der „Grauen Wölfe“ in Deutschland, eine Radfahrt von Sindelfingen nach Rottenburg und zurück.
Rechte und reaktionäre Influencer
Boris Palmer, der Oberbürgermeister von Tübingen, ist häufiger eine positive Bezugsperson der extremen Rechten. Besonders gerne werden geflüchtetenfeindliche Zitate von ihm verwendet.
Für bundesweite Schlagzeilen sorgte Boris Palmer als er am 28. April 2023 in Frankfurt/Main innerhalb von 45 Sekunden fünf Mal das rassistische N-Wort verwendete und in einer Diskussion den Holocaust relativierte.
Die selbstverordnete Ruhepause hielt nicht lange vor.
Am 22. Juli 2023 agitierte Palmer in der BILD gegen Migration und propagiert einen Kosten-Nutzen-Rassismus.
Außerdem trat er am 5. September 2023 bei dem Orban-nahen think tank „Mathias Corvinus Collegium“ in Budapest (Ungarn) auf.
Der Instagram-Account „Gegen die Grünen Gomaringen“ verbreitete unter seinen tausenden Follower/innen rechte Hetze und bewarb die AfD. Der Account wird vermutlich von einem Manuel K. aus Gomaringen (Kreis Tübingen) betrieben.
Antisemitismus und Israel-Feindlichkeit
Leider wurden für das Jahr 2023 auch mehrere antisemitische Vorfälle im Kreis Tübingen dokumentiert:
- Am 8. Oktober 2023 störten in Rottenburg zehn bis fünfzehn Jugendliche im Alter von etwa 12 bis 18 Jahren mit Palästina-Fahnen eine Pro-Israel-Kundgebung zur Erinnerung an die israelischen Opfer des Hamas-Terrorpogroms.
- Am 12. Oktober 2023 wurde von einem Unbekannten in Tübingen an der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche am Berliner Ring Gedenksteine der ehemaligen Synagoge beschädigt.
- Am 10. November 2023 riss in Tübingen ein junger Mann eine Israel-Flagge vor dem Tübinger Rathaus ab.
- Am 18. November 2023 wurde entdeckt, dass in Mössingen (Kreis Tübingen) Unbekannte in der Fußgängerunterführung beim Bahnhof zweimal die Parole „Fuck Israel“ gesprüht hatten.
- Am 18. Dezember 2023 wurde am „Landestheater Tübingen“ ein Transparent gegen Antisemitismus („Killing Jews is not fighting for freedom“) 16 Stunden nach der Aufhängung abgerissen.
Feindbild Geflüchtete
Mehrere Ereignisse zeigten wie wirkmächtig das Feindbild Geflüchtete auch im Kreis Tübingen im Jahr 2023 war:
- In Tübingen-Derendingen gab es im Juni 2023 eine Diskussion um die Unterbringung von etwa 30 Geflüchteten in der Lembergstraße 21. Es gab Widerstand von Anwohner/innen, weil die Geflüchteten angeblich Müll und Lärm verursachen würden.
- Am 10. Dezember 2023 versammelten sich in Bodelshausen (Kreis Tübingen) rund 300 Personen um gegen eine Geflüchteten-Unterkunft für 250 Menschen zu protestieren.
Sie zogen u.a. vor das Haus des Vermieters.
Rechte Straftaten (Angriffe etc.)
Im Kreis Tübingen sind für 2023 mehrere rechte Straftaten dokumentiert, denen zumeist eine „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ zugrunde lag:
- Vor der Eingangstür zum Blauen Salon in Tübingen wurde am 3. Februar 2023 eine Woman of Color von einer Gruppe junger Rechter rassistisch angefeindet („Geh zurück in dein Land, warum sprichst du kein Deutsch“) und angegangen.
- Am 30. März 2023 bedrohte ein Mann bei der Anti-Diskriminierungs-Stelle adis in Tübingen die Mitarbeiter/innen.
- Am 18. Mai 2023 kam es in Tübingen zu einem queerfeindlichen Übergriff in Tübingen.
- Am 5. Juli 2023 wurden gegen 11:25 Uhr am Hauptbahnhof in Tübingen am Bahnsteig zwei Women of Color mit Kindern von einem Mann um die 50 mit T-Shirt der Schweizer Nazi-Band „Amok“ rassistisch beleidigt.
- Am Morgen des 15. Juli 2023 fand gegen 5 Uhr in Tübingen in der Haaggasse eine Schlägerei statt, nachdem ein alkoholisierter 32-jähriger Mann zwei People of Color rassistisch beleidigt hatte.
- Am 3. September 2023 wurde entdeckt dass in der Moltkestraße in Tübingen der Stolperstein für die 1940 in Grafeneck von den Nazis ermordete Josefine Kollmann mit den Farben Grün und Rot beschmiert wurde.
- In der Innenstadt von Tübingen nahe dem Löwen-Laden fand sich Anfang September 2023 ein Graffiti mit der Botschaft „Antifa Assi Pack“.
- In Tübingen wurde im Oktober 2023 bekannt dass ein Verfahren gegen einen Polizeibeamten lief wegen Mitgliedschaft in einer rechten und rassistischen Chat-Gruppe, auch wenn er keine Inhalte teilte.
Es dürfte sich nur um die berühmte ‚Spitze des Eisbergs‘ handeln.
Sonstige rechte Aktivitäten
Der rechte Buchautor Rainer Schulz referierte nach eigenen Angaben am 19. Mai 2023 in Rottenburg.
Am 7. Dezember 2023 störten 20 bis 30 reaktionäre Windkraft-Gegner/innen in Gelbwesten in Tübingen-Lustnau eine Informations-Veranstaltung über den geplanten Windpark Großholz.
Sie verteilten u.a. die Broschüre „Wind ohne Kraft. Deutschlands gigantische Fehlinvestition“ von Rolf Andreas Landsberg, der extrem rechten Gruppe „Die Deutschen Konservativen“.
Fazit und Ausblick
Tübingen ist sicherlich keine rechte Hochburg, aber die Produkte aus dem Kopp-Verlag in Rottenburg haben eindeutig eine bundesweite Bedeutung für die extreme Rechte und das verschwörungsideologische Spektrum.
Zu bestimmten Bereichen wie der reaktionären und rechten Esoterik liegen leider keine Erkenntnisse für das vergangene Jahr vor. Dass heißt aber nicht, dass es da keine Vorkommnisse gegeben hat
Wir bitten unsere Leser/innen noch einmal, uns Hinweise auf rechte und reaktionäre Aktivitäten zukommen zu lassen, um den Recherche-Antifaschismus für den Kreis Tübingen zu unterstützen.
Wir wünschen allen Leser/innen ein antifaschistisch erfolgreiches Jahr 2024!
Da am 9. Juni 2024 die Europa- und Kommunalwahlen anstehen, ist mit gesteigerten Aktivitäten der AfD auch im Kreis Tübingen zu rechnen.